Sanftmütige Lämmer

17.02.22, 21:00
Dominik Grässlin

„Wenn dir einer in die Fresse haut, sag ihm, er soll dir auch noch in den Magen treten“. So möchte die „Volxbibel“ Jugendlichen einen bekannten Ausspruch Jesu nahebringen, den wir diesen Sonntag im Evangelium hören. Eine „harmlose“ Ohrfeige war wohl nicht nah genug dran an der Lebensrealität der Zielgruppe. Es musste schon ein brutaler Schlag in die – siehe oben – her und ein Tritt hinterher. Kann Jesus es wirklich, wenn nicht gesagt, so doch gemeint haben?

Der hier gemeinte Wangenschlag ist jedenfalls keineswegs harmlos. Vielleicht kennen Sie das Wort Jesu in dieser Version: „Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, so halte ihm auch die linke hin“ (Lk 6,29). Haben Sie sich auch mal gefragt, wozu hier eigentlich links und rechts unterschieden werden? Es macht tatsächlich einen Unterschied: Will der schlagfertige Rechtshänder sein Gegenüber möglichst brutal treffen, benutzt er dafür die Außenfläche der rechten Hand – und wirft damit die rechte Wange, ja den anderen buchstäblich von sich. Diese Form der Ohrfeige galt damals nicht nur als Züchtigung, sondern als Demütigung. Und genau darauf will Jesus hinaus: Selbst wenn du so gedemütigt wirst, dann… Ja, was dann? „Halte ihm auch die linke hin“, also die andere Wange. 

Ist das nicht eine unerträgliche Forderung? Muss ich Angriffe auf mich klaglos hinnehmen und widerstandslos über mich ergehen lassen, ohne mich verteidigen zu dürfen? Vielleicht verstehen wir, wenn wir uns vorstellen, was das Hinhalten der anderen Wange für Folgen hätte – im Unterschied zum Zurückschlagen. Wer mit der Rechten zugeschlagen hat, der muss für die linke Wange mit der Linken erstmal wieder ausholen. Wenn ich nun demonstrativ meine Wange hinhalte: Wird er es nochmal tun? Der hl. Johannes Chrysostomos glaubt das nicht: er „wird beschämt werden und keinen zweiten Schlag mehr führen, und wäre er auch schlimmer als das wildeste Tier. Ja, er wird sogar seinen ersten Schlag selbst gar sehr missbilligen. Übt man dagegen Wiedervergeltung, so erreicht man in allem das Gegenteil. Auf diese Weise kannst du auch dem Beleidiger einen viel passenderen Schlag versetzen, als wenn du ihm mit der Hand schlügest, und dazu wirst du aus einem gewalttätigen Menschen ein sanftmütiges Lamm machen“. 

Es kann einen viel kraftvolleren Schlag gegen den Feind als den Vergeltungsschlag geben: in Liebe und Geduld zu ertragen. Aber nicht um des Leidens willen, sondern um weiteres Leiden zu verhindern. Um den Feind zur Einsicht zu bewegen, um ihn zum Freund zu machen. Ich habe keine Garantie, dass der Angreifer ablässt. Aber für Christus gibt es keine Alternative: „Liebt eure Feinde, tut denen Gutes, die euch hassen!“ (Lk 6,27).

Ihr Diakon Dominik Grässlin

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