„Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“ Mit diesen Worten wird Bundespräsident Steinmeier auch dieses Jahr wieder das Totengedenken zum Volkstrauertag beschließen. Sie gehören als offizielles Gedenken des Bundespräsidenten zum Zeremoniell jenes Sonntags, der den Opfern von Krieg und Gewalt gewidmet ist. Erstmal trug Theodor Heuss diese Worte 1952 bei der zentralen Gedenkstunde im Deutschen Bundestag vor. Auf Heuss geht übrigens auch die Eingangsformel in der Präambel des Grundgesetzes zurück: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Hier begegnet sie uns wieder, „unsere Verantwortung“! Wohl wenig findet so ungeteilte Zustimmung wie der Ruf nach Verantwortung, der Appell zu Verantwortung oder die Übernahme von Verantwortung. Wer will schon verantwortungslos sein, wer Verantwortungslosigkeit fordern? Doch was meinen wir eigentlich, wenn wir von Verantwortung sprechen?
Wer die Spuren des Verantwortungsbegriffs in die Geschichte zurückverfolgt, staunt nicht schlecht: die Heilige Schrift, die Antike und das Mittelalter kennen ihn nicht. Die gesamte Theologie und Philosophie des Mittelalters kommen ohne „Verantwortung“ aus. Eine responsabilitas sucht man im mittelalterlichen Latein vergeblich. Nun, war der vormoderne Mensch so verantwortungslos? Verantworten, rechtfertigen musste auch er sich, nämlich vor Gericht für sein Handeln (responsio). Und zwar nicht nur vor einem weltlichen Gericht, sondern auch vor dem göttlichen Richter für sein Leben – Verantwortung also als moralische Verantwortung vor Gott. Im heutigen Sonntagsevangelium hören wir vom Herrn, der wiederkommt (und Gericht hält). Doch um sich das zu vergegenwärtigen, braucht der Christ kein neues Wort. Und so überrascht es nicht, dass der früheste Beleg für „Verantwortung“ aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert stammt. Aus „Verantwortung“ wurde Gott mitunter weggekürzt und durch andere Instanzen ersetzt. Verantwortung für etwas oder schlicht „Verantwortung“ tritt in den Vordergrund. Aber kann es eine Verantwortung ohne Verantwortung vor jemandem geben?
„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Nach den blutigen Erfahrungen des Totalitarismus waren die Verfassungsväter und -mütter offenbar von Verantwortung im religiösen Sinn beseelt. Verantwortung vor Gott – das ist keine Weltverantwortung. Wenn der Mensch für alles verantwortlich ist, kann er sich nicht noch Gott verantwortlich fühlen – der Mensch ist dann selbst die höchste Instanz. Die Säkularisierung des Verantwortungsbegriffs bleibt offenbar nicht folgenlos. Liegt in der Verantwortung ohne Gott etwa eine Versuchung zur Selbstüberhebung, gar zum Totalitären? Wie viele Opfer auch der Wahn der Allzuständigkeit fordert, dessen gedenken wir dieser Tage. „Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle“ (K. Popper). Damit wir also nie wieder Hölle auf Erden erleben: Erinnern wir unsere Mitmenschen daran, wo der Himmel hingehört! Jesus Christus, Friedensfürst, schenke uns wahren Frieden!
Ihr Diakon Dominik Grässlin
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