Weihnachtsbrief AMARE 2022

08.12.22, 20:27
  • Sternsingen
Johannes Skorzak

Liebe Freundinnen und Freunde von Amare!

Nach vier Jahrzehnten, weit weg von der rheinischen Heimat, sind meine deutschen Sprachkenntnisse holprig geworden. Während ich nicht richtig voran komme und nach einem passenden „Aufhänger“ zu diesem Brief suche, schießt es mir plötzlich durch den Kopf: „Mensch, morgen sind es 40 Jahre her, als Du in Esperantina ankamst!“

Unter welchen jämmerlichen Bedingungen habe ich damals angefangen. Aber der Kopf war voll von Ideen, Idealen und einem unbezwingbaren Willen, für diese Menschen in so unsagbarer Not mein Leben einzusetzen. Zusammen mit einem Dutzend von Idealisten haben wir im Jahre 1990 das Kinder- und Jugendhilfswerk AMARE gegründet. Sie waren, genau wie ich, schockiert und fanden sich nicht damit ab, was sie auf den Straßen Esperantinas im brasilianischen Nordosten tagtäglich mitansehen mussten. In dieser leidvollen Zeit langjähriger, extremer Dürrekatastrophen, kämpften Kinder und Heranwachsende auf den Straßen Esperantinas um Brot, Zuneigung und bloßes Überleben. Auf der Müllhalde konkurrierten sie mit Schweinen um Essbares.

Meine Appelle damals an Freunde aus der Heimat stießen nicht auf taube Ohren. Geschwisterliches Teilen, vor allem christlicher Gemeinschaften, hat AMARE seit Beginn an getragen und tut dies im wesentlichen auch noch heute. Die Arbeit mit den Kindern wurde nur möglich dank der Spenden und des Einsatzes Freiwilliger. Wir waren froh, wenn wir den „Straßenkindern“ wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag anbieten konnten. Wir versammelten sie im Schatten von Babaçupalmen und machten mit ihnen, Spiele und Gesprächsrunden und saßen dabei auf umgefallenen, modrigen Baumstämmen.

Das Beispiel deutscher Freundinnen und Freunde hat die Menschen aus der Stadt Esperantina angezogen und angespornt. Allmählich haben sie sich ihnen angeschlossen. Madrinhas und padrinhos tragen mittlerweile ihren Teil zum Unterhalt unserer Kinder aus Notsituationen bei. Die einst düstere und unheimliche Prognose für das Schicksal unserer Kinder hellt sich durch einen optimistischeren Ausblick auf deren Zukunft auf.

Während mehr als drei Jahrzehnten hat AMARE zehntausende von Kindern und  Heranwachsenden aufgenommen. Auf dem „Amarehügel“ am Stadtrand Esperantinas, inmitten einer weithin ursprünglich erhaltenen Natur, kommen sie mit dem in Berührung, was für ihre gesunde Entwicklung entscheidend benötigen: ihre Fähigkeit zu lachen, zu träumen und jemand
im Leben sein zu können. Unser junges Team von ErzierherInnen und Psychologen widmet sich ihrer sozialen Eingliederung und mit besonderer Aufmerksamkeit einer echten Chancengerechtigkeit für sie.

Aktuell erhalten 450 Jungen und Mädchen aus den Favelas Esperantinas tägliche Schulaufgabenbegleitung, Mahlzeiten und psychosoziale Betreuung. Dazu können sie aus einem breiten Angebot an Werkstätten wie Musikunterricht, Nähen und Schneidern,  Computereinführung, Tanzen, Fussball, Gesprächsrunden, Theater, u.v.a. auswählen.

Richtig stolz sind Mädchen und Jungen, wenn sie bei der „Banda AMARE“ auf den Stadtfesten und dem Amarefest mitspielen dürfen. Lebensfreude kommt immer mehr auf! Heute träumen die Mädchen und Jungen aus AMARE von einer Zukunft, in der sie Anteil an einer Welt haben, wie sie es sich zuvor nie vorzustellen wagten. Tausende von ehemaligen haben ihren Platz in der Gemeinschaft erobert, beruflich „ihren Weg“ gemacht und eine Ausbildung oder Studium abgeschlossen.

Sie sind über ganz Brasilien anzutreffen. Bei einer Busfahrt in Joinville, einer Stadt im Süden Brasiliens, 4.000 km (!) weit von Esperantina, hörte ich plötzlich, wie laut mein Namen gerufen wurde. Groß war die Überraschung. Da standen vor mir zwei ehemalige Amareschüler, die Facharbeiter im Süden geworden waren.

Durch Ihr solidarisches Teilen ist AMARE zu einem starken Ausdruck der Liebe in schweren Zeiten in Brasilien geworden, gerade angesichts von Kriegen draussen und schweren Konflikten in der hiesigen Gesellschaft.

Am 25. November wird AMARE in São Paulo mit der Auszeichnung „Melhores Ongs 2022“, eine der besten Nichtregierungsorganisationen Brasiliens des Jahres 2022, geehrt. Wir möchten diese Ehre mit Ihnen teilen, die mit uns zusammen AMARE möglich gemacht haben. Bitte bleiben Sie uns weiterhin treu.

Ein gesegnetes Weihnachstsfest und friedvolleres Jahr 2023, wünschen wir Ihnen vom gesamten Team und allen meninas und meninas!

Mit herzlicher Dankbarkeit,
Feliz Natal!
Ihr Johannes Skorzak

  • AMARE Juli (c) Johannes Skorzak
  • März (c) Johannes Skorzak
  • Oktober (c) Johannes Skorzak
  • April (c) Johannes Skorzak

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